Die junge, hübsche Angestellte vom Campingplatz in Gundelsheim schließt uns schon auf unseren Wunsch den Strom gegen 8 Uhr ab. Wir sind abfahrbereit. Zum Abschied bekommen wir noch von ihrem Freund ein Büchlein auf christlicher Grundlage geschenkt, wo er selber auch mit einer Geschichte vertreten ist. Wir werden es die nächsten Tage aufmerksam lesen. Wir fahren sehr lange auf der Bundesstraße 27 bis nach Binau am Neckar entlang. Viele Frachtschiffe sind unterwegs und die Wasserstraße ist genauso belebt wie die Bundesstraße.
Dann biegen wir nach Osten ab, um die Hauptrichtung in den Vogelsberg einzuhalten. Über „Stock und Stein“ treibt uns unser GPS-Gerät und ich habe keine Langeweile am Steuer unseres alten Ackerschleppers. Fast alle Treckerfahrer grüßen uns, wenn wir uns begegnen und wir winken natürlich freundlich zurück. Irgendwann sind wir auf der Deutschen Burgenstraße und im Naturpark „Neckartal.“ Es geht relativ flott über Mudau und Unglert zur bayrischen Grenze hin. Schnell kramt Barbara die Reisepässe hervor wegen des Einreisevisums in den Freistaat. Der bayrische Odenwald begrüßt uns mit gemäßigten Höhenlagen, wofür wir den Bayern sehr dankbar sind. Wir erreichen gegen Mittag Amorbach und hoffen, dass wir nicht in namentlich genannten Bach fallen, da wir heute keine Zeit für Amore haben. Die nächsten Orte sind dann Weilbach, Strümpfelbrunnen, Scheidental, Pulvermühle, Buch und Miltenberg, bevor wir bei Klingenberg über den Main auf die östliche Mainseite überwechseln. Die kommenden zwei Stunden ist der Main unser nasser Wegbegleiter. Erlenbach, Klein-Wallstadt, Sulzbach und Schweinheim heißen die schmucken Orte. Wir peilen den Ort Hösbach, östlich von Aschaffenburg an. Jedoch alle Straßen, die dorthin führen sind Schnellstraßen und dürfen von Traktoren nicht befahren werden. So ein Mist! Wir suchen einen anderen Weg, um nicht durch den Stadtkern von Aschaffenburg fahren zu müssen. Und schon sind wir mitten im größten Verkehrstrubel im belebten Zentrum der Großstadt. Auch da gibt es nur unbefahrbare Straßen nach Hösbach und immer wieder muss ich kurz vorm Einbiegen schnell abdrehen, um nicht auf eine Schnellstraße zu kommen. So programmieren wir das Navi etwas anders und werden so auch zu unserem Leidwesen durch Gassen gejagt, deren Breite kaum für ein größeres Fahrzeug taugt. Ich glaube, am Ende unserer Irrfahrt haben wir alle Stadtrandsiedlungen und Industriegebiete von Aschaffenburg bis zum Erbrechen gesehen. Doch es gibt nicht nur Pech auf der Strecke. Wir schaffen es, über eine Art Feldweg und eine Anliegerstraße nach Hösbach zu gelangen. Nun aber Tempo! Über die Orte Feldkahl und Sommerkahl, wo der Mais noch hoch und trocken auf den Äckern steht und die Runkelrüben sich dick und breit machen tuckern wir nach Schöllkrippen im Spessart. Wie wir im ADAC- Stellplatzführer lasen, soll es dort einen Stellplatz für 18 Caravans geben. Hoffentlich ist da noch ein winziges Plätzchen für unsere Tante Paula frei. Die sehr hübsche Stadt ist aber kein bisschen eben. Wir quälen uns den 10%igen Berg hinauf in Richtung des Erlebnisfreibades zum besagten Stellplatz. Er liegt am Waldrand und ist mit allem ausgestattet, was für eine Übernachtung nötig ist. Zwei Automatensäulen sind aufgestellt, wo man gegen Bares Strom und Wasser tanken kann. Nur eine Toilette gibt es nicht und natürlich auch keine Duschmöglichkeit. 200 Meter von da gibt es aber ein Kneippsches Wassertretbecken und einen Bach, der direkt unterhalb des Platzes entlang läuft. Außerdem haben wir uns ja erst am letzten Sonntag gewaschen (!?) Ein einziger Würzburger Camper mit einem Wohnmobil steht noch mit uns auf der freien Wiese. Das passt! Nach schnellem Aufbau hängen wir den Bauwagen ab und tuckern nach unten ins Städtchen. Uns knurrt der Magen schon seit 12 Uhr, wo wir nur eine kleine Schnitte Brot verzehrt haben und es wird Zeit, etwas zum Beißen zu finden. In einem sehr ansprechend und stilvoll eingerichteten italienischen Restaurant in der Lindenstraße in der Innenstadt von Schöllkrippen sind noch Stühle frei. Das Lokal trägt den Namen „Pizza-Express Toscana“ und bietet eine Riesenauswahl verschiedenster Gerichte. Alles wird vom Chef selber frisch zubereitet. Seine Ehefrau, eine gebürtige Polin, fragt in bestem Deutsch nach unseren Wünschen. Schnell haben wir das Richtige gefunden und schon kurze Zeit später wird serviert. Mamma mia!
Das riecht vielleicht gut und… es schmeckt auch so gut wie es riecht. Die Familie „Bevilaqua“, der Ehemann und Chef des Hauses ist ein waschechter Italiener, hat sich hier ein wahres Feinschmeckerparadies aufgebaut und man merkt, dass viel Liebe in allen Details steckt. Danke für die freundliche Bedienung und das leckere Essen! Dann bummeln wir noch ein wenig und fahren satt und müde zu unserem Stellplatz wieder hoch. Es ist so ruhig wie zuvor. Niemand stört uns und es ist noch richtig schön warm draußen, obwohl die Dämmerung beginnt. Morgen sind es nur noch 85 Kilometer bis nach Lauterbach. Wir wollen ganz früh, so gegen sechs Uhr aufstehen, um bis zwölf Uhr da zu sein, damit uns der örtliche Bauhof noch Strom anschließen kann. Ich telefoniere mit meinen Eltern, die ich das letzte Mal im März gesehen habe. Sie freuen sich schon sehr auf unseren dreitägigen Besuch. Auch ehemalige Schulkollegen und Verwandte werde ich treffen. Mir geht es seit gestern nicht so gut. Die neue Ureterschiene spüre ich immer mehr in meinen Organen in allen Facetten. In der nächsten Woche will ich das Sch…ding loswerden. Auch die Heparininjektionen, die mir Barbara täglich zweimal verabreicht sind nicht so ohne. Mein Bauch ist ein landkartenartiges Gebilde geworden, wo der Blauton vorherrscht. Es sieht aus wie ein großes Tattoo, wo alle Meere dieser Welt abgebildet sind. Aber…ich will ja keinen Schönheitswettbewerb gewinnen und bin froh, dass ich das Leben behalten habe.
Abenteuerurlaub? Ja! Und das nicht zu knapp!!!