23. Mai
Wir koppeln unser Zugfahrzeug vom Hänger und fahren die zwei km zur Innenstadt, um bei der staatlichen finnischen Bank „NORDEA“ einige Euroschecks einzulösen. Wir ziehen beim Eintreten in die Bank eine Nummer, so wie es alle machen und warten, bis wir an der Reihe sind. Auf dieser Bank läuft alles reibungslos. Die Schalterfrau spricht englisch so wie alle Angestellten der Banken. Ob das auch in unserer Bank so üblich ist? Ich würde es „unseren“ Damen und Herren hinter den Schaltern aber zutrauen.
Die meisten Straßen in Finnland enden mit „tie“. Das heißt nichts anderes als „Straße.“ Vor dem „tie“ kommt oft ein „entie, ontie, antie, untie, intie, öntie, äntie oder üntie.“ Beispiele : Ylemmäisintie – Väärämäentie – Tuunaanasaarontie – Matkailuntie. Immer noch besser auszusprechen für uns als wenn man an einer Straße wohnen würde mit dem schlichten Namen „ Youuguäkiiliäämäälvantie.“ In der städtischen Info-Stelle gibt es wie in den meisten Tourist -Infos in Skandinavien zuvor leider keine Aufkleber für den Traktor. Aber eine kleine und genauere Landkarte bekommen wir in die Hand. Wir verlassen erst um Punkt Halbzwölf die Stadt „Sodankylä“ und fahren südwärts auf der Nationalstraße Nr. 4 weiter. Wir haben getrödelt. Die Sonne lacht vom Himmel und die Schäfchenwolken wollen auch mal auf’s Foto. Wir sind ja schließlich nicht auf der Flucht, sondern im Langzeiturlaub. Beide sind wir nach den letzten sieben Wochen viel ruhiger und entspannter geworden. Das bringt halt so eine Reise mit sich. In gut vier Monaten hat uns der Alltag wieder. Schreckliche Bezeichnung für einen Tag, den es im Kalender gar nicht gibt. Alltag…! Wir erleben nur „Einzeltage.“
Finnland ist einfach ein Land zum Verlieben! Die aufgelockerte, abwechslungsreiche Landschaft, die sehr gut ausgebauten Straßen, die günstigen Preise, die freundlichen Menschen und nicht zuletzt die staubfreie gesunde und würzige Luft. Es kommt hier oft vor, dass auf einer langen Waldstrecke am Straßenrand ein Schild steht mit dem Hinweis auf eine Firma, die weiter hinten im Wald steht.
„Oy“ heißt auf Finnisch Firma. Oy, oy! Einen Kranich, der auf einer Sumpffläche nach Nahrung sucht bekommen wir auch vor die Linse. Imposant ist die Größe dieses Stelzvogels und das vornehme Schreiten. Einige LKWS überholen uns, wo auf der Plane das Logo der finnischen Staatsbrauerei „Lapin Kulta“ steht. Auch Finnen lieben das Bier. Mir schmeckt diese Marke auch sehr gut, da es nicht so bitter ist. Irgendwo wird die Chaussee bei „Vuojärvi“ achtspurig. Man meint auf einem Rollfeld zu fahren. Etwa 7 km lang ist dieser Abschnitt. Ich wechsele nach Belieben die Fahrspuren. Ist ja kein anderer Verkehrsteilnehmer weit und breit zu sehen. Das gäbe es bei uns in Deutschland nicht einmal am „Sanktnimmerleinstag.“
Schon nach 75 getuckerten Kilometern, wo ich mit hoch gerollten Hosenbeinen und im T-Shirt lässig in meinem Luxussitz hänge, biegen wir rechts ein. Wir sind nicht weit vom Ort „Korvula“ entfernt und erblicken einen traumhaft schön gelegenen Campingplatz an einem stillen, flachen See von nur etwa 700 Metern Länge, der auch im ADAC-Führer Erwähnung findet. Das junge Ehepaar da betreibt nebenbei eine Polarhundezucht und führt im Winter mit Gästen des Platzes Expeditionen in die Umgebung durch.
Mit hundertfachem freudigem Gebell werden wir begrüßt. Die Besitzerin dagegen hat eine angenehme Stimme und spricht, wie auch ihre 3 Kinder, die alle unter 7 Jahre alt sind, ein gutes Englisch. Sie erzieht ihre Kleinen schon mit vier Jahren so, dass sie schon vor Schulbeginn eine weitere Sprache sprechen. „Why this?“frage ich sie. „We have a international publikum!“ gibt sie mir stolz zurück. „Our children do like it to learn English when they was born !” Bemerkenswert, finden wir. Wir dürfen uns 15 Meter vom See entfernt aufstellen, direkt an den Auslauf. Wir sind begeistert von der reizvollen Aussicht auf den See und das gepflegte, aber weitestgehend naturbelassene Gelände. Zum Sanitärgebäude muss man über einen Sandweg etwa 300 Meter weit laufen, hat aber stets den Blick auf den ruhigen See gerichtet und freut sich über diesen Gang. Und, zu unserem Erstaunen ist der Dusch- und Toilettenraum fußbodenbeheizt. Der kleine Heizlüfter bleibt zum ersten Mal seit unserem Reiseantritt unbeachtet. Wir drehen eine Runde um den See und ergötzen uns an dem schönen Panorama und an dem überwucherten Waldpfad. Ein Spitzdachhäuschen am Waldrand aus rohen Brettern gezimmert weckt mein Interesse. Ein Plumpsklo! Ich setze mich in Positur und Barbara muss auf mein Drängen hin das unvermeidliche Foto schießen. Wir baden am Abend unsere Füße am Ufer im eiskalten Seewasser. Die Zehennägel haben sich zurückgezogen. Wir sparen dadurch das Nägelschneiden.
Morgen haben wir geplant, etwas mehr „Strecke“ zu machen. Über die bekannte, größere Stadt „Rovaniemi“ werden wir am Dienstag einen Campingplatz in Höhe des Ortes „Tervola“ anfahren. Das Wetter soll sich halten.