28. Mai
Um Halbneun sind wir wieder startklar und verabschieden uns von Riitta und geben ihr den „Key“ für den Stromkasten zurück. Sie erzählt mir noch, dass ihre Großeltern ihr das Grundstück auf der einen Seite des Sees vererbt haben und dass ihre Oma am 1. März 100 Jahre alt geworden ist und nun in einem Altersheim lebt. In so einem schönen Land wie Finnland muss man ja auch alt werden. Bei der Ruhe hier. Riitta wünscht uns „Hyva Mattka!“ „Gute Reise!
Es ist trüb und nieselt. Unterwegs gibt es noch ein heftiges Gewitter und der Regen läuft in dicken Bächen links vom Treckerdach in die Türöffnung hinein, wo Barbara sitzt. Sie hat Stiefel an und da kann das Wasser noch lange weiter so steigen. In „Ilsalmi“ verfransen wir uns. Eine autobahnähnliche Schnellstraße wollen wir vermeiden und biegen nach rechts auf eine Nebenstrecke ab in Richtung „Kiinnulanlahti.“ Aber nur kurz. Die Fahrbahn ist dermaßen wellig, so dass wir wieder umkehren, um auf der Schnellstraße Nummer 5 weiter zu fahren. Man kommt sich vor wie eine Schnecke auf diesen Vierspurern, wenn die Autos mit Mach 5 an einem vorbei rauschen. Unterwegs entscheiden wir uns, doch weiter als bis „Lapinlahti“ zu fahren. Wir sehen die offerierte „Neste“-Tankstelle und den Parkplatz, wo wir hätten über Nacht stehen können und davor eine ausrangierte Lokomotive aus den 50ern als Blickfang und ziehen vorbei.
Dann sehen wir hinter „Siilinjärvi“ zu unserer großen Überraschung übergroß an einem Gebäude das Logo vom „Lidl-Markt“ prangen. Wir kaufen für das Wochenende ein. Das Sortiment unterscheidet sich kaum von dem Gewohnten. Nur landestypische Lebensmittel lockern das Angebot auf. Sogar „Blutpudding“ kann man kaufen. Der Finnische ist aber schon in Scheiben geschnitten und sieht noch blutgetränkter aus als der in Schweden. Hmmh! Auch viele deutsche Waren gibt es. Ich fotografiere heimlich über den Einkaufswagen hinweg, wie meine Frau sich die Regale anschaut. Die Preise sind um etwa 20% höher als bei uns, aber günstiger als in anderen Märkten in Finnland. „Herr LIDL“ hat sich auch hier breitgemacht. Nun fehlen noch die anderen uns bekannten Ketten. Abwarten!
Lange vor der fast 100’000 Einwohner zählenden Stadt „Kuopio“ beginnt plötzlich ein Autobahnabschnitt, den wir nicht befahren dürfen. Es soll uns nicht noch einmal so wie in Schweden gehen, wo ich fast 5 Kilometer über die schwedische Autobahn mit unserem Feuerstuhl gerauscht bin. Die beiden Navis arbeiten aber zuverlässig und lassen uns auf der Landstraße. Die Sonne kommt wieder zaghaft hervor, als wir eine Pause einlegen. Die Lerchen singen in den Lärchen und Pappeln. Wir sind gegen 16 Uhr fast da, wo wir übernachten wollen und die Navis leiten uns gezielt in die …….. Innenstadt. Die Gassen werden enger und enger und es sollen nur noch 750 Meter bis zum größten Campingplatz in Ostfinnland mit einer Kapazität von 437 Stellplätzen sein. Irgendwann reicht’s uns. Barbara rennt zu einem Taxistand und steigt zu einer jungen Chauffeurin ein, die mir voraus fährt. Es sind tatsächlich noch 7 Kilometer bis zum Stadtteil „Rauhalahti“, wo der Platz liegen soll. Gut, dass es Taxifahrer gibt, die auch noch Ortskenntnis haben. Nicht so wie von uns erlebt in „Jönköping.“ (siehe Bericht-Schweden)
Die Fläche des Platzes ist wirklich riesig und es wird in den Sommermonaten viel geboten. Heute hat der Campingplatz die Sommersaison eröffnet und wir gehören mit den anderen etwa 50 Campern zu den ersten Gästen. Es gibt aber leider keinen Blumenstrauß von der deutschsprechenden Angestellten, wie ich augenzwinkernd höre. In der Saison wird hier auf der Freilichtbühne Theater aufgeführt, man kann mit einem Dampfer über den „Kallavesi“ schippern oder sich in der Strandbar im Karaokesingen versuchen. Alles aber erst ab Mitte Juni, wenn die finnischen Schulferien beginnen. Wir stehen relativ ruhig auf einer von Rasen umgebenen Teerfläche neben einem Vogelbeerbaum in der Nähe der sanitären Anlagen. Das kann von Vorteil sein, muss es aber nicht.
Noch eine kuriose Besonderheit: In Finnland steht auf fast jeder Toilettenpapiertrommel ein Frauenname und zwar ist es in Finnland der Name „Anita“, in Schweden dagegen stand immer „Katrin“ darauf. Ob nebenan bei den Ladies etwa „Siegfried oder „Detlef“ das Sagen haben, weiß ich nicht. Wäre aber denkbar. Auch hier in den Toiletten in Suomi, wie schon mehrmals zuvor auf finnischen „Wohltatskabinen, hängt links hinter jeder Kloschüssel ein gut Einmeter langer, verchromter Brauseschlauch mit Einhebelbedienung und Temperatureinstellung. Das dient der extravagant-intimen Reinlichkeit und ist nicht nur für die Aufwartefrau gedacht. Die Finnen lieben das Wasser. Auch hier und „downunder“, bzw. hinterrücks. Man muss nur gut aufpassen bei der po-stalischen, partiellen Körperreinigung, dass man den gradmäßig undefinierbaren Einhebelmischer vorher richtig einstellt, den Drücker gekonnt nuanciert mit Daumen und Zeigefinger bedient, das Kinn stark nach hinten neigt, die Lippen aufeinander presst, die Stirn in Falten legt, die Augen erwartungsvoll schließt und dazu noch acht gibt, dass der nichtspülende Nachbar nebenan keine nassen Füße bekommt. Auch die Brille sollte man tunlichst zuvor hochnehmen, da beschlagene Gläser das ganze Geschehen noch undurchsichtiger machen. Die Sitzbrille dagegen bleibt bei dieser Prozedur gewöhnlich am Orte. Bei meinem nächsten Finnlandbesuch werde ich mich ganz bestimmt zu einem hydroprostatischen Kurs anmelden. Mit staatlich anerkanntem Fäkal-Zertifikat versteht sich! Ist besser so!
Abfall heißt übrigens „Sekajäte.“ „Perkele!! Jetzt aber Schluss mit den unphilosophischen, wenn auch vitalen Ergüssen.
Viele Männer lassen nach dem Duschen ihr Haarshampoo auf der Ablage liegen. Die Reinemachefrauen werfen diese Behältnisse immer am Morgen weg. Ich … habe schon eine ganze Sammlung davon in mehreren Sprachen und „Geschmacksrichtungen.“ Wider Erwarten verhalten sich die anderen Gäste hier eher zurückhaltend. Wir bleiben fast unbehelligt und genießen den restlichen Tag.
Ab 22 Uhr spielt nebenan eine kleine Band im Saal des Restaurants zum Tanz auf. Wir „tanzen“ fast die ganze Nacht mit.