Unsere letzte Nacht in Frankreich haben wir gut über alle Träume gebracht. Das an der Rezeption für heute Morgen bestellte Baguette kann erst ab 8 Uhr abgeholt werden. Da sind wir schon am Packen und haben das restliche Brot von gestern zum Frühstück genommen. Die Rhabarbermarmelade (mit ganzen Früchten) macht Appetit auf einen schönen, neuen Reisetag, der aber nicht so fürchterlich lang werden soll wie der vergangene. Unser GPS-Gerät meint, es wären nur noch 110 km bis zum schweizerischen Bellach bei Solothurn.
So nehmen wir uns vor, heute etwa 70 km zu fahren und am Freitag dann den kurzen Rest, damit wir frisch und munter beim Zetorhändler gegen Mittag aufkreuzen. So hatten wir es mit Herrn Lehmann am Telefon vereinbart. Dass wir nicht locker durch die Niederlande tuckern werden, wissen wir. Dass es wieder über Berge geht, ahnen wir. Dass es aber wieder über 11% Gefälle geht, haben wir in diesem Ausmaß nicht erwartet. Die Ausfahrt aus der Stadt „Pontarlier“ geht wider erwarten sehr gut. Wir fahren nicht nochmals mitten durchs „Centre Ville“, sondern es geht am Stadtrand entlang an verschlafenen Wohnsiedlungen vorbei zum ersten Ort hoch oben namens „Les Gras.“ Hier möchte ich auch nicht ins Gras beißen, so dürre, wie es hier wächst. Dann weiter im Schnitt von 16 Sachen über „Grand Combe-Chateleu“ und „Monteau.“
Plötzlich zückt Barbara den Fotoapparat und visiert ein Schild an einem Restaurant an, das ich sonst übersehen hätte. Darauf ist zu lesen: „Barbara-Bar.“ Oder von hinten gelesen: „Bar-Barbara.“ Lustig findet sie das wohl. Schade, dass die kleine Barbarabar noch geschlossen hat, sonst wären wir kurz eingekehrt und hätten vielleicht einen frischen Rhabarberkuchen in der Barbarbara gegessen. Weiter geht die Fahrt über den Ort „Villers le Lac“ und „Collondon“ und wie das nun mal so ist, stehen wir mitten im Rausch der Geschwindigkeit vor der Schweizer Grenze. Rechts ist eine rote Tafel und links eine Grüne Tafel aufgehängt.
Nach kurzem Stopp hinter einigen Lastwagen entscheiden wir uns für die „Grüne Einreise.“ Wir haben (fast) nichts zu verzollen bis auf die 300 Flaschen Champagner und 3 Büchsen Bier vom LIDL- Markt in Frankreich. Spaß beiseite. Es gibt keine Kontrolle von Frankreich in die Schweiz. Jedenfalls für abgebrannte Treckerenthusiasten nicht. Und zu verzollen haben wir auch nichts. Man kann aber schon mit geschlossenen Augen hören, dass man in der Schweiz ist. Hier ersetzen die Kühe auf den Almen das Glockengeläut der Kirchen. Schön hört es sich an und doch fremd für uns.
Eine ganze Weile fahren wir dann am Fluss „Doubs“ entlang, der sich tief, tief unten im Canyon entlang windet. Es ist Mittagszeit und wir versuchen irgendwo unterwegs in einem großen Dorf, das drei Restaurants hat, etwas zum Beißen aufzutreiben. Doch alle Drei haben bis 16 Uhr geschlossen.
Über „La Chaux“, „De Fonds“, „St. Inier“ und „Pery“ läuft’s ganz gut, von der Schnellstraße, die uns durch drei elend lange Tunnel führt einmal abgesehen. Wenn hinter uns ein LKW fährt, hört es sich so an, als wenn uns jeden Moment ein Schnellzug rammen will. So laut sind die Geräusche und schallen von den schwach beleuchteten feuchten Tunnelwänden. Barbara hat Angst und sagt nichts mehr. Würde auch wenig nützen. Ich höre ja nicht mal mehr den eigenen Motor laufen und das will schon was heißen. Auch meine Geschwindigkeit kann ich nicht mehr auf dem zu schwach beleuchteten Tacho erkennen. Ich versuche, mich der Fahrgeschwindigkeit der anderen Verkehrsteilnehmer anzupassen, was aber kläglich misslingt. Sie sind doch ein wenig schneller.
Wie traumatisiert oder besser paralysiert hockt Barbara bei den Tunnelfahrten mit Tunnelblick leicht vorn übergeneigt vor der Scheibe und faltet die Hände zu einem Tunnel. Die sechste Stunde bricht an. Wir halten und brechen uns ein Stück von dem frischen Bagutte ab und essen mit Heißhunger. Von einem Campingplatz in den Bergen nach 60 oder 70 Kilometern können wir nur träumen. Wir fragen bei einer Tankstelle nach. Niemand weiß etwas. Ach übrigens: Diesel ist in der Schweiz um etwa 10 Rappen teurer als Superbenzin. 1,72 Franken der Liter! Wir haben umgerechnet und sind auf einen Literpreis von 1,66 Euro gekommen. Wahnsinn!!
Und unser Kleiner braucht schon mal in den Bergen seine 18-19 Liter. Ein teures Vergnügen, aber die Schweiz will ihre Luft rein halten und Dieselmotoren… Der Campingführer muss herhalten. Es gibt nur den Platz in Solothurn, den wir uns für den Freitag ausgesucht hatten und das sind immer noch über 30 km, also fast 2 weitere Stunden. Wir telefonieren mit Herrn Lehmann und lassen ihn wissen, dass wir schon einen Tag früher kommen. Er hat nichts dagegen und meint, wir sollen erst einmal nach Bellach zu seiner Firma fahren. Er würde uns dann später zum Platz geleiten. Also dann! Letzte Reserven mobilisieren und durchhalten. „Biel“ die zweisprachige Stadt ist sehr groß und liegt am Fuße des Jura-Gebirges und es dauert schon eine gute halbe Stunde, bis wir uns durchgekämpft haben. Wir fühlen uns wie in einer Sauna und leiden unter der schräg stehenden Sonne. Dann verfahren wir uns gründlich in „Grenchen“ und müssen schon wieder den guten Herrn Lehmann anrufen, der uns den Weg telefonisch weist.
Nach über 8 Stunden Fahrt, meine Unterschenkel fangen schon an zu kribbeln und die Nerven liegen blank kommen wir endlich in Bellach an und…finden nicht das Firmengelände von Zetor-Lehmann. Schon wieder hängt Barbara am Telefon. Es ist uns sehr peinlich, dass wir Hornochsen uns ständig verfahren oder das Ziel nicht finden. Wir sind Fremde unter Fremden in der Fremde und haben uns fremdgefahren. Dann aber biegen wir in die Bahnhofstraße ein und schon steht die ganze Mannschaft und der Chef selber auf der Straße vor der großen Firmenhalle und begrüßen uns herzlich. Ich muss schon sagen, der Andreas Lehmann stellt schon etwas dar. Ein aufrechter Schweizer mit Herz und Humor! Er hat 8 Mitarbeiter, die in der Werkstatt für ihn tätig sind und eine Bürokraft. Seit 1999 führt er diesen Land -und Baumaschinen-Reparatur- und Verkaufsbetrieb und kann stolz auf den bisherigen Fortgang seiner Firma sein. Die Werkstatt ist sauber und aufgeräumt und alles liegt, hängt oder steht an seinem Platz. Hier herrscht Ordnung und die vielgerühmte Schweizer Gründlichkeit. Wir besprechen zusammen die nächsten 5 Tage. Morgen hat Herr Lehmann eine große Verkaufsausstellung von seiner zweiten Treckermarke, New Holland vorbereitet und lädt uns ein, mit dem ganzen Gespann am Nachmittag aufs Firmengelände zur Freude seiner Besucher zu kommen. Da sagen wir natürlich sehr gerne zu, obwohl wir dann den Campingplatz verlassen und am Abend wieder den gleichen Stellplatz aufsuchen müssen. Seine Lebensgefährtin Sabrina, eine junge, attraktive Frau gesellt sich auch noch dazu und wir machen uns mit allen bekannt. Herr Lehmann bietet uns das Du an.
Das freut uns sehr, da die Wellenlänge einfach stimmt. Er zeigt uns seine alten Zetor Traktoren und auch die neuesten Modelle und zwei ganz exponierte Spezialtraktoren, die ausschließlich für Traktor-Pulling- Veranstaltungen herausgeholt werden. Kleine Räder vorne, einen winzigen Tank und übergroße, breite Reifen hinten. Dazu noch einige technische Umbauten, die uns aber verborgen bleiben. Er war schon einmal zweiter Schweizer Meister im Traktor-Pulling-Fahren. Alle Achtung! Da gehört viel Mut, Konzentration und fahrerisches Können dazu. Auch ist er ständig zu besonderen sportlichen Traktorveranstaltungen unterwegs in „Sachen Zetor.“
Nach einer Stunde Aufenthalt fährt uns Andreas, unser neuer Bekannter mit einem neuen Zetor über einen Promilleweg voran zum nahen Campingplatz in Solothurn. Wir halten kurz vor dem Platz bei einem großen bäuerlichen Anwesen, wo sein Bruder auf der Straße steht und uns begrüßt. Er bewirtschaftet einen großen Hof mit Milchkühen. Die Anmeldedame hat nichts dagegen, dass sich zwei abgerissene, durchgeschwitzte Vagabunden auf den Platz stellen wollen und wir bekommen einen ganz tollen Stellplatz, der keine Wünsche offen lässt. Wir stehen völlig eben und auch das Sani-Gebäude ist um die Ecke. Der Platz ist belebt, liegt cirka 70 Meter von dem Fluss „Aare“ entfernt, hat einen kleinen Bootshafen, ein hübsch gelegenes Restaurant, einen kleinen Laden, Sportanlagen und ein nahes Freibad, und beherbergt zur Zeit überwiegend wissbegierige Schweizer Eidgenossen. Der Schweizer Dialekt ist so einfach nicht zu verstehen trotz der Langsamkeit in der Aussprache. Doch alle geben sich Mühe mit uns, Hochschweizerisch zu sprechen. Ich höre aber den Dialekt allzu gerne und lausche den Worten der anderen, wenn sie sich in der Eingeborenensprache unterhalten.
Am Abend sitzen wir auf der Außenterrasse des Restaurants direkt an der dunklen Aare am Bootshafen und bestellen uns eine schöne Portion Schnitzel mit Butternudeln und Pilzsoße.
Die Schweiz ist nicht gerade billig. 21 Euro zahlen wir pro Portion. Aber es schmeckt vorzüglich und die Bedienung ist sehr aufmerksam und nett. Der Abend wird dann nicht mehr sehr lang. Wir sind einfach fertig mit der Bereifung und gehen früh schlafen. Wenn das Biest von Stechmücke nicht wäre, das alle 10 Minuten, sobald das Licht verlöscht, uns um die Ohren mit ihrem Gesumse das Einschlafen verwehren würde. Nach sieben Versuchen erschlagen wir das Untier mit einem dicken Buch. Die Nacht kann nun kommen.
Hallo, Herr Müller, herzlichen Dank erst mal für die vielen lieben Kommentare in der letzten Zeit. Am Montag soll der „Rhabarberstein“ saniert werden, der inzwischen auch schon die Form eines Rhabarberstengels angenommen hat. Herzliche grüße ins Gesundheitszentrum Müller GmbH und Co KG Ihr „Rhabarberling“ Dieter
uiuiuiii—-rhabarbermarmelade lecker—
beim nierenstein—-uiuiuiiiii ;-)
gruß wolfgang müller