Frankreich – 09.08.11

9. August

Es herrscht richtiges Reisewetter. 18 Grad und Sonnenschein. Heute wollen wir alle Straßen vermeiden, die in die Berge führen. Der gestrige Tag hängt uns doch noch sehr nach. Die breite Durchgangsstraße, die D 906 ist vielversprechend und sie führt geradeaus nach Süden. Womit haben wir das verdient? Doch schon 500 Meter hinter „Courpiere“ rasten wir schon wieder aus. Über 7 Kilometer steigt die doppelspurige D 906 so stark und gleichmäßig steil an, dass ich gleich unten hinter der Stadt im vierten Gang bleibe. Und der rüttelt uns über 40 Minuten so kräftig durch, dass das vor einer halben Stunde eingenommene Frühstück früher als üblich seinen langen Weg in die unteren Gefilde nimmt.

Malerische Winkel im tiefen Tal eines uralten Dorfes
Malerische Winkel im tiefen Tal eines uralten Dorfes
Das Land ist flächendeckend reichlich mit Schlössern und Burgen gesegnet
Das Land ist flächendeckend reichlich mit Schlössern und Burgen gesegnet

Doch die Straße ist breit genug sogar für sportliche Radfahrer mit verbissenem Gesicht, die uns hier und da trotz der Steigung wie spielerisch überholen und dann auch noch die Puste haben, uns etwas zuzurufen. Ich habe diesen Kraftprotzen leider nichts entgegenzusetzen und schmolle. Besonders dann, wenn einer der „Bycicler“ noch so tut, als wäre es nur eine Aufwärmübung, diesen Berg zu bezwingen. Endlich oben angekommen folgt, was unvermeidbar ist: der Abstieg. Wir fahren im weiteren Verlauf immer an der „Dore“ entlang, die flussaufwärts zusehends schmaler und flacher wird. Weit hinter dem Ort „Saint-Gervais-sous-Meymont“, der sich wie gemalt an eine Bergkuppe schmiegt, ist es nur noch hügelig mit Maximalsteigungen von höchstens 7 %. Wir durchfahren, immer schön auf der breiten D 906 bleibend, „Olliergues“ und kommen gegen 13 Uhr in der Kleinstadt „Ambert“ an. Am Ortsausgang gibt es eine Großbaustelle. Wir sind in der Schlange die Ersten, die anhalten müssen. Den Stau lassen wir wie immer hinter uns. Ein junger Arbeiter mit grüner Warnweste und einer silbernen Zahnspange und Stoppelbart hält mit einer Kelle den laufenden Verkehr an, bis der Gegenverkehr durch ist. Das dauert eine ganze Weile, da die Baustelle sehr lang ist. Ich winke dem Arbeiter freundlich zu und er versteht das als Aufforderung, mit seinem Handy schnell ein paar Fotos von uns zu schießen. Dafür bekommt er als „Dank“ von uns eine Visitenkarte und Prospekte in die Hand gedrückt, wofür er sich überschwänglich bedankt. Nun hat er auch mal ein Highlight an einem normalen Arbeitstag. Ja, wir bekommen immer und überall Kontakt zu den Menschen und wenn es an einer Baustelle ist. Dann wieder eine kleine Panne, die aber weiter nicht tragisch ist. Die Klappläden auf der Überholseite sind mal wieder aufgesprungen und scheppern ständig gegen den Fensterrahmen. Es ist schon das vierte Mal, dass so etwas passiert.

Nun ja, schnell anhalten und mit dem Fensterknebel die blauen Windläden wieder schließen ist eine der leichtesten Übungen bisher. Es gab schon viel schwerwiegendere „Pannen“ auf unserer Tour. Dann sehen wir uns nach einer Tankstelle um. Die Preise für einen Liter Diesel, (Gazolin) schwanken im Land beträchtlich. Von 1,32 Euro bis 1,49 Euro kann man tanken. Diese Preisspanne gibt es in Deutschland nicht. Wir versuchen, irgendwo vor oder hinter dem Ort „Saint Paulien“ einen Stell- oder Campingplatz zu finden. Und wären dann nach sehr langer Zeit mal wieder 95 Kilometer an einem Tag getuckert. Es gibt tatsächlich einen Campingplatz. Und der hat sogar 3 Sterne. Hoffentlich nicht nur in der Nacht. Er trägt den wohlklingenden Namen „Camping de la Rochelambert“ und bietet mindestens 70 Campern Platz. Ein kleines Schwimmbassin liegt nebenan. Das Areal ist terrassiert angelegt und von ziemlich hohen Bergen eingeschlossen. Das haben wir schon spüren müssen, als wir die abschüssige Chaussee hinunter getrudelt sind und die Treckerbremsen zu stinken anfingen.

Blick vom Campingplatz auf die Höhenstraße mit 9% Steigung
Blick vom Campingplatz auf die Höhenstraße mit 9% Steigung

Ein breiter Bach rauscht auch durch das enge Tal in der südlichsten Auvergne und es gibt für Jugendliche eine Art Seilbahn, an der die Kids quietschend und nach Luft schnappend mit Sicherungsgurten über Rollen ein paar hundert Meter bergab sausen können. Die Umgebung verführt dazu, viele ansprechende Fotos zu machen und ich kann mich nicht satt sehen an den vielen Wildblumen und Wildkräutern, die hier auf kargen Böden auf den Felsvorsprüngen wachsen.

So sieht's immer aus, wenn wir ankommen
So sieht's immer aus, wenn wir ankommen

Die Übernachtungsgebühr fällt mit 21 Euro happig aus. Dafür bietet der Dreisterneplatz ein Restaurant, Baguetteservice für den nächsten Morgen und allerlei anderen Komfort, den wir aber nicht nutzen können. Am Abend eröffnet ein kleiner Markt vor dem Campingplatz mit 6-8 Buden seine Stände und Barbara besorgt ein paar Scheiben luftgetrockneten, leckeren Schinken und ein Beutelchen frische, schwarze Oliven. Heute bleibt die Küche kalt. Wir haben oder besser gesagt, sie hat keine Lust zum Kochen und mir ist es eh fast immer egal, ob es Warmes oder Kaltes zum Abend gibt. Außer es gäbe mal wieder schwedischen Blutpudding aus der Pfanne mit Preiselbeermarmelade und rohem Schinken. Bäääh!!! Lieber nicht. Heute stehen wir mal neben einer ganz ordinären Birke. Die wachsen auch in Frankreich und nicht nur im Norden. Wie gut, dass es hier keine Kokospalmen gibt. Da müssten wir befürchten, dass uns just, wenn wir an nichts Arges denken, eine kleine, hartschalige Nuss auf den Kopf fällt und uns an der Weiterfahrt hindert. Auch unter einem Affenbrotbaum oder unter einem Riesenkaktus möchten wir nicht so gerne stehen wollen. Ob es unter einem Affenbrotbaum Brote oder Affen regnet, ist mir nicht bekannt. So weit im Süden war ich noch nicht. Wie gerne möchte ich manchmal unter einem Geldbaum stehen! Doch der…muss erst noch von den Botanikern gezüchtet werden. Viele Camper stehen um unser Gefährt herum und lassen sich von mir erklären, wo wir schon waren und wo wir noch hinwollen. Mit der Sprache ist es so ein Problem. In Frankreich wird leider zu viel Französisch gesprochen.

Das ist meiner alemannischen Zunge nicht besonders zuträglich. Wäre unsere Tochter jetzt hier, gäbe es die Schwierigkeiten nicht. Doch sie ist 900 Kilometer weiter in Kassel und kann uns auch nicht weiterhelfen. Mit einem Lächeln und einem häufig gesäuselten „Oui“, obwohl das nicht immer angebracht erscheint komme ich meist weiter. Die Leute entschuldigen meine Sprachunkenntnis in der Regel. „Dürfen Sie auch mit dem Traktor auf der Autobahn fahren?“ war eine der Fragen eines wissbegierigen Franzosen. Und ich Trottel antwortete mit: „Oui, Monsieur!“ So kann es einem in der Fremde gehen. Nach 19 Uhr wird es lausig kalt und die Temperatur sinkt auf 15 Grad. Wir stellen in Südfrankreich unseren Heizlüfter an und schauen fern.

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