18. Mai
Punkt 8 Uhr 30 stehen wir auf der Matte oder besser gesagt, auf dem Busparkplatz gegenüber unserem Stellplatz in der Ansiedlung „Russenes“ am „Kro.“
Es ist schweinekalt, wenn man nur drei Minuten im Freien mit den Füßen stampft und auf etwas wartet.
Letzte Nacht hat es dermaßen stark geschneit und gestürmt, dass die Steuerbordseite des Treckers bis zum Dach hoch mit Flugschnee bedeckt ist.
Die Eiszapfen hingen lang von unserem Vorbau an den Querbalken herunter und…es schneit noch immer.
Der elegante Linienbus hält an und wir steigen zu.
Es gibt sogar einen Fernseher für die Reisenden.
Anschnallgurte sind selbstverständlich.
In den nächsten 90 Minuten geht es bergauf, bergab auf schmalen Straßen nach Norden, unserem Etappenziel entgegen.
Es sind knapp 100 Kilometer, die wir bis „Honningsvag“, der kleinen Stadt auf der Insel, auf der das Nordkap liegt fahren müssen.
Der Fahrer hält nur zweimal im Nirgendwo an, um jeweils eine weitere Person aufzunehmen.
Die rissigen, in Plattenform aufeinander geschachtelten, gigantischen Felsen aus Schieferquarz ragen oft weit über die Fahrbahn hinaus.
Die Straße schlängelt sich Kurve an Kurve immer höher die Berge hinauf.
Mehrere Tunnel sind zu durchfahren.
Bei einem Tunnel fahren wir ein paar hundert Meter unter dem Meer hindurch.
Kein schönes Gefühl !
Am vorletzten Tunnel ist ein Schlagbaum und wir stoppen.
Barbara und die anderen wenigen Mitfahrer steigen aus, um in dem Häuschen die Eintrittskarten für das Nordkap zu bezahlen.
Das kostet für uns beide schlappe 470 norwegische Kronen gleich 63 Euro.
Happich!
Nachdem wir die „Wegelagerer“ wieder fluchtartig verlassen haben, kommen wir 10 Minuten später in „Honningsvag“ an, wo wir eine halbe Stunde Zeit haben, um auf den nächsten Linienbus zu warten, der uns ganz bis auf die Spitze bringen soll.
Unterwegs sind wir immer wieder meterhohen Trockengestellen am Wegrand begegnet, wo der sogenannte Stockfisch zum Verkauf Kieme an Kieme am Haken hängt und nicht mehr im kalten Fjord umherirren muss.
Wir steigen frierend in den nächsten Bus.
Da ist es schön warm.
Trotzdem. Ich trage ein langes Unterhemd, ein wollenes Oberhemd, einen Skipullover, eine Strickjacke, einen Schal und die wattierte Outdoor-Jacke.
„Untenherum“ hat sich Ähnliches angesammelt und die doppelten Socken und die warmen Stiefel halten so einiges ab.
Und das ist gut so, denn das Außenthermometer im Bus zeigt Minusgrade an.
Wir schnaufen langsam die Höhen hinauf.
Der Bus hat Spikes.
Immer wieder stößt mich Barbara an und sagt aufatmend: „Wie gut, dass wir nicht mit dem Trecker gefahren sind!“
Denn das Malheur vor uns auf der stets enger und steiler werdenden Straße steht überdeutlich vor unseren aufgerissenen Augen.
Einige Abschnitte der Straße sind mit Schneewehen fast bis zur Mitte dicht.
Und gerade als es 11% ansteigt, müssen wir anhalten, da ein spanischer Kleinbus nicht weiter kommt.
Alle Insassen versuchen mit hochroten Gesichtern die Karre wieder zum Weiterfahren zu bringen.
Die Straße ist bis zu den Rändern total vereist und zugeweht.
Mit Sommerreifen kommt man hier nicht weiter.
Ausweichmöglichkeiten gibt es nur alle paar Kilometer, da fast nirgendwo Platz ist dafür.
Felsen links, Fjord rechts.
Knapp über uns in vielen Grauabstufungen die tief hängenden Wolken, die den Scheibenwischern des Busses Arbeit geben.
Eine unwirkliche, gottverlassene, kalte, unwirtliche und menschenleere Gebirgslandschaft.
Schneebretter links und rechts über die Felsen hängend.
Bizarr sieht das aus.
Wie im Märchen „Die Eiskönigin.“
Oft stoppt der Bus abrupt, da vereinzelt oder in einer kleinen Herde von 10-12 Stück weißgefärbte Rentiere über die Eisstraße traben.
Oder sollte ich besser schreiben, latschen ?
Sie stören sich nicht an dem Linienbus.
SIE sind hier zu Hause und WIR …nur Eindringlinge.
So kommen wir aber dazu, gute Großaufnahmen von den gutmütigen Wiederkäuern zu machen.
Eine gute halbe Stunde dauert die Fahrt nach oben.
Barbara stöhnt manchmal auf.
Ich frage sie, ob es ihr gut geht.
Nein, gibt sie zurück. Ich kann nur manchmal nicht mehr hinsehen, wenn es so steil in die Tiefe geht.
Mir ist auch nicht ganz wohl dabei, doch ich sehe den gelassenen jungen Fahrer vor mir, der genussvoll und andächtig die Morgentoilette in seiner Nase fortsetzt.
Ab „Honningsvag“ sind zwei junge russische Studenten der Geologie eingestiegen.
Wir sind zu Viert und sitzen nebeneinander.
Der junge Mann spricht ein blendendes Englisch und hat sich noch besser in diese Gegend eingelesen als wir.
Dimitri und Olga heißen sie und sind in Moskau zu Hause.
Die Fahrt zum Nordkap ist für die beiden auch ein echtes Highlight und wir führen eine flüssige Unterhaltung.
Mit meinen paar Brocken russisch kann ich keinen Blumentopf gewinnen und so bleibt es bei der englischen Konversation.
Er hat eine hervorragende Bildung und erklärt uns alles so gut wie ein hiesiger Reiseführer.
Dimitri filmt den ganzen Aufstieg und will uns den Film über „Youtube“ in drei Wochen als Link per Email aus Russland schicken.
Wir freuen uns schon jetzt und wollen Kontakt behalten.
Endlich „oben“ auf dem Parkplatz, wo schon vier andere Busse die Massen der Urlauber ausspucken, die mit den Schiffen der „Hurtig-Ruten“ angekommen sind, empfängt uns die Naturgewalt mit Schneefall und einem solch eisigen Wind, dass das Wort schon im Mund erfriert, bevor es die Zunge verlässt.
Meine rote Kappe fegt mir vom Kopf und ich muss in den verharschten Tiefschnee rennen, um ihrer wieder habhaft zu werden.
In der Nordkaphalle ist gut geheizt.
Wir laufen zu Viert drei Stockwerke tiefer und gehen in den großen Kinosaal.
Etwa 15 Minuten dauert der Film in bester Qualität über die vier Jahreszeiten am Nordkap.
Einfach schön !
Nur die Winterlandschaft können wir nicht mehr gut sehen.
Beeindruckend der Film über das Nordlicht und die Mitternachtssonne.
Wir befinden uns auf dem Breitengrad 71° 10’ 21“.
Über uns im Norden liegt Spitzbergen und dahinter…geht die Welt unter.
Wir wollen es gar nicht so genau wissen.
Pingback: Finnland – 12.05.11 | Wir lassen den Stau hinter uns
Muß mich entschuldigen – es sollte Estland heißen – naja bei dieser aufregenden Geschichte und bei diesen vielen Ländern schleicht sich doch einmal ein überhasteter Schreibfehler ein.
Dus ik heb ze dit weekend niet te gast Boeuf of kunnen ze vliegen ;-)
Unsere Ausreißer sind seit 05.06.2011 inzwischen in Tallin/Lettland angelandet. Alles ist gut und werden sich bald einloggen und berichten.
Boeuf (s`Brüderle)
Hallo Globetrotters, woh sind sie jetzt? Hofendlich bis balt!
Las etwas horen so das ich die rote laufer auslegen kan.
Liebe grusse Kasekopf Maria
Hallo Ihr Zwei,
freue mich auf die nächsten Berichte; wünsche Euch, dass es wärmer wird und uns hier etwas Abkühlung.
Gute Weiterreise,
Thomas
Hallo Ihr beiden,
so langsam treten einem die Sorgenfalten ins Gesicht!
Kein Wort von Euch zu lesen, das ist schon fast Grausam. Was ist los???
Also ich fahr Euch Freitag mal bis Aero mit der Ape entgegen und nem n Fernglas mit.
So ein großer Bauwagen muss doch zu sehen sein.
Gruß
Harald
Hallo Ihr Zwei,
wir hoffen, es geht Euch gut und Ihr seid gesund!
Wir erholen uns derzeit in der Türkei bei knapp 30 Grad – sehr gutem Essen, sehr freundlichen und hilfsbereiten Menschen – 150 m zum Strand – einfach traumhaft!
GGLG Konny und Erich
An alle die sich Sorgen machen…die beiden sind in Mittelfinnland…läuft soweit alles gut…es ist z.Z. schwierig sich einzuloggen…sobald sie Gelegenheit dazu haben, werden sie wieder berichten…
Boeuf (s`Brüderle)
Hallo Ihr zwei
ich mache mir echt Sorgen um Euch.
Man hört so lange nichts.
braucht Ihr Hilfe ??
Liebe Grüsse und gute Reise:
Heini aus der Schweiz
Liebe Barbara , lieber Dieter,
mit großer Freude habe ich Eure Reiseerlebnisse bisher verfolgt. Ihr hattet ja schon vor Jahren erwähnt, diese Reise durchzuführen.
Eure Berichte lesen sich wie ein Abenteuerroman. Man wartet schon mit Spannung auf die Fortsetzung.
Vor Euern Mut muss man den Hut ziehen. Die Hilfsbereitschaft völlig fremder Leute in den bisher bereisten Ländern ist beeindruckend.
Viele liebe Grüße und weiterhin viel Glück bei Eurer (fast) Weltreise
wünschen Jutta und Rudi
hey, …………ihr beiden,
hoffe euer gespann hält durch und ihr habt noch beste erlebnisse vor euch,
wir schauen ab und an mal rein und erleben es irgendwie mit, fahren
selber bald durch schweden nach norway und freuen uns drauf,
……….alles gute – bleibt gesund und geniesssssssssssst es!!!!!
tschau micha und moni
Hallo, ich lese mit großer begeisterung euern reisebericht
bin schon ganz ungeduldig wie es weiter geht.
Im letzten jahr haben wir den 74 jährigen bayer tatsächlich in schweden getroffen.
gute reise weiterhin und viele berichte
lg inka
Hallo Dieter und Barbara
Wunderschon euhre reisse, ich geniesse von wat du schreibst, nog eben und dan sind sie im Holland jippie hahaha
Liebe grusse und ein dikke kus von euhre kasekopf maria
Hallo, ihr Lieben!
Habe wieder mit Spannung eure letzten Berichte gelesen! Ihr hattet es ja reichlich frostig, während wir hier richtig sommerliche Temperaturen hatten – richtig gutes Hochzeitswetter also…;-)
Es grüßen euch herzlich
die Frischvermählten
Anschi und Thomas
halli-hallo
ich freue mich schon auf jeden neuen reisebericht und bin ganz ungeduldig wenn einige tage nichts geschrieben wurde–
gruß wolfgang müller
Pingback: FINNLAND | Wir lassen den Stau hinter uns
Lese eure Berichte mit großem Interesse,
weiterhin gute Fahrt
Liebe grüße aus Kassel
Harry röller
Hallo Ihr Weltenbummler,
nach den Aufregungen der letzten Schweden / Finnlandstrecke der letzten Tage wünsche ich Euch eine gute Weiterfahrt. Auf dass der Zetor und Tante Paula durchhalten und Ihr nicht einfriert.
Liebe Grüße von der Wolkenverhangenen „Startbahn West“ ;o)
Petra
Hallo Ihr Lieben,
Ich war ja auch schon am Nordkap aber das war im August, da lag kein Schnee, zumindestens da wo die Sonne hinschien. Vielleicht hättet Ihr erst den Süden und danach den Norden errollen sollen?
Liebe Grüße von der Heimat,
Jutta & Max
Hallo,
schon zu lesen das wieder alles gut läuft besonders der Zetor.
Ich hoffe Ihr hattet heute einen erhohlsamen Tag nach der aufregenden Woche.
Ich Drück Euch Die Daumen für eine Pannenfreie Weiterfahrt.
Gruß
Harald