19. April
In der Stadt Karlskoga, der Geburtsstadt Alfred Nobels folgt uns auffällig ein PKW schon seit etwa 5 Kilometern. Wir halten am Stadtrand. Der Verfolger gibt sich als Redakteur der hiesigen Tageszeitung aus und sagt, ein Freund hätte uns zuvor auf der Strecke überholt und ihm per Handy mitgeteilt, dass wir in Richtung Karlskoga fahren. Er fotografiert, stellt Fragen und schüttelt immer wieder den Kopf über uns, die verrückten Deutschen, die mit einem Traktor unterwegs sind. Am nächsten Tag, dem 20. April werden wir in der Presse nachzulesen sein unter www.karlskoga-kuriren.se.
Nach ca. 140 km Fahrt durch Värmland, am See Roxen und dem Rosesjö entlang, durch „Marocko“ hindurch, das nur knapp 500 Meter Länge und etwa 8 Häuser hat, umgeben von einer traumhaften Landschaft, die sich abwechselt in Berge, Seen, dunkle Wälder und sehr wenig besiedeltes Gebiet kommen wir in Filipstad auf dem Campingplatz „Munkeberg“ an. Der ausgesprochen freundliche und sehr zuvorkommende Deutsche, dem dieses wunderschöne Fleckchen Erde gehört, gelegen an einer Halbinsel des riesigen Sees „Lersjön“ weist uns den besten Stellplatz zu, den er bieten kann: Direkt etwa 50 Meter vor dem noch völlig zugefrorenen See mit einer atemberaubenden Sicht über den See und die weite Landschaft. Martin De Jong, so heißt der quirlige Solinger, der mit seinen Eltern vor 14 Jahren nach Schweden ausgewandert ist, präsentiert uns sein Gelände. Es ist alles vom Feinsten, blitzsauber die sanitären Anlagen wie in einem 4-Sterne- Hotel. Überall sieht man Spuren seines Arbeiteifers. Seine Gäste sollen sich wohlfühlen. Und das tun sie auch. Die Preise sind sehr zivil, es ist ausgesprochen ruhig hier, obwohl die nahe Stadt nur fünf Gehminuten entfernt ist.
Ich kann nur jedem Schwedenbesucher raten, besonders auch die mit Kindern, hier ihren Urlaub (semester) zu verbringen. www.munkeberg.com ist die Internetadresse.
An wirklich alles ist hier gedacht. Er gibt sich unheimlich Mühe, den Besuchern viel zu bieten und man fühlt sich geborgen und gut aufgehoben in seiner Nähe. Eine Grillhütte, ein Floß, mit dem Martin die Campinggäste im Sommer über den See schippert, eine Sauna, eine Imbissstube, ein Übernachtungsheim für Wanderer oder Biker, persönlich gestaltete Ferienhäuser mit Komfort und vieles anderes mehr. Biber, Elche und mitunter auch Braunbären können hier nicht nur mit dem Fernglas beobachtet werden. Hier möchte man immer sein, nicht nur für eine Nacht wie wir.
Ein Radfahrer spricht mich an. Er fragt, ob wir zufällig in Deutschland den Ort „Sankt Ottilien“ kennen, nahe bei Helsa. Er war da mal bei einem Freund zu Besuch. Er quittiert meine positive Antwort mit einem breiten Grinsen und wünscht uns alles Gute für die Fahrt.
Mit Martin, unserem Gastgeber trinken wir abends in unserem Bauwagen noch ein Bierchen zusammen. 2,8% Alkoholgehalt wollen mit Bedacht geschlürft werden. Alle Biersorten, die man in Schweden zu jeweils ca. 80 Cent pro Büchse bekommt, haben einen Höchstalkoholgehalt von 2,8%. Auch Apfelcidre mit 1,2% darf in Supermärkten verkauft werden. „Härtere“ Alkoholika muss man sich in besonderen Geschäften besorgen (system bolaget). Dort kostet eine Flasche Rheinhessenwein ab 12 Euro. Auch unsere Wäsche konnten wir für nur etwa 3 Euro pro Waschgang bei Martin waschen und im Trockner trocknen.
Barbara hat immer noch Angst, dass ein weiteres Rad wegbricht. Jeden Morgen, wenn sie erwacht, ist ihr erstes Thema : „Ob die Räder heute halten?“ Auch beim Frühstücken zeigt sich ihre Befürchtungen darin, dass sie nur eine halbe Schnitte isst und anfängt, zu zittern. So kenne ich sie nicht, meine starke Ehefrau! Das muss ein Trauma sein! Als das Martin hört, verspricht er, am nächsten Morgen einen Wagenheber zu bringen, wo ich jede Seite anheben kann, um die Räder mal durchdrehen zu können. So pumpe ich schweißtreibend um 8 Uhr am nächsten Morgen den Wagenheber hoch und stelle fest, dass alle Räder geräuschlos rund laufen und auch nicht wackeln.
Wir nehmen Abschied, nicht, bevor uns Martin noch berichtet, dass schon mal ein 70jähriger Schweizer mit einem normalen Fahrrad bei ihm übernachtet hat und zum Nordkap weiter gefahren ist.
- Auch Leute mit Liegerädern und ein Bayer mit einem Uralttraktor und 6 km/h waren schon bei ihm auf dem Platz. Wir staunen. Zum Abschied schenkt uns Martin noch zwei Basecaps mit Logo von seinem Campingplatz. DANKE, Martin und…viele deutsche Gäste weiterhin!!