Hurra! Das Wochenende ist da. Und es verspricht in jeder Hinsicht schön zu werden. Auch vom Wetter her, das keine Kapriolen machen wird. Ich muss doch nochmals diesen „TCS“- Campingplatz „Lido Solothurn“ besonders erwähnen, der ganze vier Sterne aufweisen kann. Das ist auch unbedingt berechtigt, denn es fehlt an nichts. Das ganze Areal ist blitzsauber, das gut geschulte Personal, egal ob im Minishop, auf dem Gelände oder im Restaurant gibt sich sehr viel Mühe, die Gäste zufrieden zu stellen.
Man fühlt sich einfach geborgen hier am Jura-Südfuß an der Aare. Und auch hier will ich einmal die besondere Atmosphäre in den Toilettenanlagen kurz beschreiben. Die Duschen sind geräumig, ohne jeden Makel und einstellbar. Das ist nicht auf jedem Platz Standart. Die Toiletten selbst stets „appetitlich“ und es gibt sogar ausreichend Papier in einer nicht durchscheinenden, gehobenen Qualität. Das ganz Besondere aber in diesen intimen Gemächern ist die dezente Beschallung, die aus mehreren Hoch -und Tieftönerlautsprechern das Ohr des Stehenden oder Hockenden in jedem noch so entfernten Winkel erreicht bei jedweder Tätigkeit. Nun habe ich einmal gut aufgepasst bei meinen „verträumten“ Begehungen und Sitzungen. Also, wenn man eher hartleibig ist, sollte man besser am frühen Morgen die Toilette aufsuchen. Da schlägt der Hardrock oder Punkrock senkrecht von oben so erbarmungslos in die blütenweißen Schüsseln, dass sogar der Papierrollenhalter anfängt, mitzuschwingen. Und der Darm natürlich auch.
Liegt das Verdauungsproblem dagegen auf der entgegengesetzten Wellenlänge, sollte man besser am späten Nachmittag zu Potte traben. Denn dann wird man nämlich von weichem Blues, Walzer linksherum und Schlagern aus den späten 60ern angehalten und umsäuselt, tief durchzuatmen und zu meditieren, so dass weitere Besuche immer seltener werden dürften. Ein Platz zum Weitersagen, wie wir meinen. Also bitte nicht missverstehen. Wir meinen die Gesamtheit des Campingplatzes. Die Homepage lautet. www.campingtcs.ch
Da wir sehr neugierig auf die nachweislich schönste Barockstadt der Schweiz, Solothurn, sind, machen wir uns gegen Mittag mit dem Traktor auf den Weg in die Stadt an der Aare, um uns umzuschauen.
In der unglaublich belebten Altstadt ist heute Markttag. Es gibt so viel zu schauen, zu riechen und zu schmecken, dass wir nur im Schneckentempo voran kommen. Doch wir haben ja Zeit. Die zahlreichen Brunnen, Brücken, kirchliche Bauten und tausend andere Sehenswürdigkeiten fügen sich harmonisch ein in das Treiben italienischer Gradezza, französischem Charme und schweizerischer Bodenständigkeit.
Straßencafes gibt es mehr als Konditoreien oder Metzgereien und es herrscht ein Rummel wie in der Rüdesheimer Drosselgasse. Die Stadt erinnert mich auch sehr an das reizvolle niedersächsische Hann. Münden mit seinem Flair. Es macht einfach Spaß, durch die malerischen engen Gassen und Gässchen zu bummeln, den Straßenmusikern zuzuhören, dem bunten Treiben zuzusehen und den Einheimischen zu lauschen, wenn sie sich unterhalten. Kein einziges Wort kann ich herausfiltern, so genau ich auch hinhöre. Es ist ein sehr frischer, lustiger, niedlicher Dialekt. Schweizer Slang eben. Wenn die Leute merken, dass wir nicht dazugehören, geben sie sich die allergrößte Mühe, Hochdeutsch zu sprechen, was aber regelmäßig gründlich misslingt. Ich könnte dann erst recht stundenlang zuhören. Zu „Senf“ sagen z.B. die Schweizer „Sänf“ und betonen das „Ä“ dabei extra. Herrlich! Und an viele Worte wird einfach ein „I“ drangehangen. Ich fahre also ein Zetorli und mein Frauli macht hin und wieder ungewollt ein kleines Bäuerli, wenn wir durch ein Schlaglöchli fahren.
Nach einer guten Stunde kann ich nicht mehr so ungezwungen und „flott“ durch die Stadt laufen wie zu Anfang, da sich meine verd…Schiene wieder meldet und wir tuckern, nachdem wir u.a. noch ein „Brötli“ auf dem Märktli erstanden haben zurück zum Platz.
Um Fünf rollen endlich Andreas und Sabrina an. Nach kurzem Kaffeetrinken hinter dem Bauwagen nimmt uns Andreas in seinem fast 30 Jahre alten Toyota Jeep mit zu einem unbekannten Ziel. Wir sollen überrascht werden. Zuerst geht es ja noch ganz gemütlich zu. Wir rauschen durch Bellach und Solothurn, um dann in Richtung der schroff ansteigenden Berge abzubiegen. Es geht über einen geschotterten Pfad stetig bergauf, wohl an die 10-15%. Es gibt keine Leitplanke oder Ähnliches. Andreas kutschiert sein rotes Lieblingsauto ganz souverän. Der Allradler dröhnt und röhrt und prescht in die engen Kurven, als gäbe es kein Morgen mehr. Ab und zu wird unser Blick nach rechts unten gelenkt. Auweh! Besser nach links schauen, da, wo die Felswände aufragen. Aber dort sieht man auch keine Begrenzung. Zumindest nach oben. Wir werden immer stiller. Sabrinas Hund hinten im offenen Kofferraum gähnt ab und zu. Er kennt die Strecke und bleibt ruhig. Uns dagegen stehen vor manchen Biegungen die friedhofsblonden Haare zu Berge. Nach etwa sieben Kilometern sind wir endlich fast oben auf dem Berg. Vor uns eine furchtbar steile, nasse Bergwiese, eher eine bewachsene Kletterwand, wo ich keinen Hund hinauf jagen würde. Die Wiese steht wie eine lebende Fototapete vor uns. Da gibt Andreas Gas anstatt anzuhalten und ehe wir uns versehen, werden unsere geschundenen Leiber an die Rücksitze gepresst und wir sehen nur noch den blauen Abendhimmel über uns.
Achterbahn bergauf fahren ist dagegen wie Kinderkarussell fahren. Warum der Wagen sich nicht rückwärts überschlagen hat, kann ich nicht sagen.
Er hat eben durchgehalten und die Räder, auch die an der Vorderachse behielten Bodenhaftung. 25% Steigung wären glatt untertrieben. Ein Ruck und wir stehen. Um uns herum Kuhscheiße. Viel Kuhscheiße. Frische Kuhscheiße. Rutschige Kuhscheiße. Wie, um Gottes Willen kommen Kühe auf diese Sprungschanze, frage ich mich.
Doch es geht sofort weiter. 50 Meter abwärts gelangen wir an eine Berghütte, die dicht an einen Steilhang gebaut ist und von wo man den Ort „Grenchen“ und einen Teil von „Bellach“ tief, tief unten im Tal schwach erkennen kann, wenn man gute Augen hat. Wir werden begrüßt von Sabrinas Mutter und deren Lebensgefährten, der hier oben seine Position als Hüttenwart ausfüllt und Wanderern und zuweilen verrückten Traktoristen ein besonders schmackhaftes schweizerisches Mahl zubereitet. Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Auf dem kleinen Vorplatz vor der rustikalen Hütte steht ein großer Schwenkgrill über dem ein gusseiserner schwarzer Topf hängt, in dem irgendetwas Weißes herauslugt. Darunter ein mittelgroßes Feuer aus Holzstücken.
Daneben steht eine lange Bank und ein uriger Holztisch. Wir setzen uns und bekommen zuerst einen wunderbaren trockenen Weißwein serviert. „Ypsilon vorn“ heißt die Schweizer Marke, also „Yvorn“ und er mundet vorzüglich. Dann wird der Inhalt des Topfes vom Chefhüttenwart ständig gerührt. Wir bekommen lange, ausziehbare Metallspieße in die Hand gedrückt. Dann beginnt die „Schlacht am Käsebuffet.“ In mehreren Schüsseln befindet sich in Würfeln geschnittenes Brot in mehreren Variationen.
Auch Fleischwurstscheiben, Pellkartoffeln und Ananasstücke liegen zur Auswahl. Jeder spießt sich etwas an und steckt die vordere Spitze im Stehen um das lodernde Feuer herum in den siedenden Topf mit der flüssig gewordenen weißen, wohlriechenden Masse. Käsefondue auf Schweizerisch nennt man dieses Festessen und wir essen und essen und essen. Wir können gar nicht mehr aufhören, so gut schmeckt es. Aber der Regen, der nun hernieder prasselt, zwingt uns wenig später in die Hütte. Sehr heimelig und gemütlich sieht es darin aus. Sabrinas Mutter hat mehrere Hefezöpfe vorbereitet, die sie zwischendurch in den Ofen schiebt. Das riecht vielleicht gut! Einen Halben vom Vormittag, der draußen im Backofen gebacken wurde bekommen wir als Wegzehrung mit. Spät am Abend wird uns noch ein Spezialkaffee angeboten. Kaffe mit Amaretto und Sahnehaube. Die Unterhaltung läuft flüssig, sofern Deutsch gesprochen wird. Es gibt viel zu lachen. Die beiden „Alten“ vom Berg haben sehr viel Humor und wir kommen gut miteinander klar. Wir verstehen uns. Dann geht’s in der Nacht wieder abwärts bei strömendem Regen. Immer wieder leuchten schwache Lichter aus dem Tal nach oben und man merkt, dass man immer noch hoch oben in den Bergen ist. Immerhin über 1300 Meter. Andreas setzt uns am Campingplatz ab. Dieser Erlebnisabend war solch ein Wunderschöner für uns Flachländer, dass wir in Jahren noch davon erzählen werden. Danke, Andreas und Sabrina und ihr Hüttenwirte für diese anregenden Stunden! Es war fantastisch!!!